Dienstag, 27 Mai 2025 12:49

Prozess nach Messerangriff in Solingen

Prozessauftakt in Düsseldorf: Prozessauftakt in Düsseldorf: pixabay/Foto illustrativ

Drei Tote, zehn Verletzte, ein mutmaßlicher Täter – in Düsseldorf hat der Prozess um den Messerangriff vom 23. August 2024 begonnen. Die Tat erschütterte Solingen und weit darüber hinaus. Nun steht der 27-jährige Syrer Issa Al Hassan im Zentrum eines umfangreichen Staatsschutzverfahrens vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Der Vorwurf: dreifacher Mord, zehnfacher versuchter Mord und ein terroristisches Motiv. Zwölf Betroffene und Hinterbliebene treten als Nebenkläger auf. Die Ermittler sprechen von einem akribisch geplanten Anschlag mit Verbindungen zum Islamischen Staat.

Inhaltsverzeichnis:

Solingen, Fronhof und der Abend des 23. August

Der Angriff ereignete sich am ersten Abend eines Stadtfestes in der Solinger Innenstadt. Dort stach Issa Al Hassan laut Anklage wahllos auf Besucher ein. Drei Menschen im Alter von 56, 56 und 67 Jahren starben. Zehn weitere wurden verletzt, einige von ihnen schwer. Der mutmaßliche Täter hatte sich offenbar über Monate hinweg radikalisiert. Die Ermittler gehen davon aus, dass er bereits vor dem Angriff Kontakt zu IS-Anhängern hatte.

Noch am Tattag versandte Al Hassan Videos mit einem Treueschwur an die Terrorgruppe und kündigte die Tat an. Der Angriff soll laut Generalbundesanwalt eine „Vergeltung“ für westliche Militäraktionen, insbesondere im Gazastreifen, gewesen sein. Der Täter sah in seinen Opfern angeblich „Vertreter der westlichen Gesellschaft“, gegen die er sich ideologisch auflehnte.

Barbara Havliza und psychosoziale Begleitung im Gerichtssaal

Die Opfer und Angehörigen erhielten vor Prozessbeginn Einblick in den Gerichtssaal. Barbara Havliza, Opferbeauftragte des Landes, zeigte ihnen den speziell gesicherten Saal 1 des OLG Düsseldorf. Dort sitzt der Angeklagte hinter schusssicherem Glas. Die Nebenkläger sind räumlich weit entfernt platziert, begleitet von psychosozialen Fachkräften.

Viele Nebenkläger meiden den ersten Prozesstag. Einige wollen erst zur eigenen Zeugenaussage erscheinen. Eine Mutter berichtete, wie sie selbst niedergestochen wurde und ihre Tochter am Boden liegen sah. Die junge Frau kann bis heute nicht arbeiten. Andere Betroffene sind körperlich gezeichnet – durchtrennte Nervenbahnen, eingeschränkte Beweglichkeit, dauerhafte Arbeitsunfähigkeit.

Philipp Müller und das neue Stadtfest im August

Philipp Müller, Organisator des Stadtfestes, war am ersten Prozesstag anwesend. Er plant auch das kommende Stadtfest auf dem Fronhof. Für ihn ist klar: „Der Täter hat nicht gewonnen.“ Der Angriff habe die Stadt erschüttert, aber nicht gelähmt. Viele Bürger engagieren sich weiter, auch in Gedenken an die Opfer.

Auch der Zeuge, der den Täter aufhielt, wird später aussagen. Über ihn ist bislang wenig bekannt. Laut seinem Anwalt soll er in den letzten Minuten versucht haben, Al Hassan zu überwältigen. Der Mann könnte entscheidende Hinweise zur Tat liefern. Für die Anwälte der Nebenklage sei er „ein Held“, der geholfen habe, Schlimmeres zu verhindern.

Forderung nach Höchststrafe für Issa Al Hassan

Die vier Opferanwälte fordern die volle Ausschöpfung des Strafrahmens. Laut Athanasios Antonakis und Simon Rampp solle der Angeklagte „alles, was das Gesetz an Strafe hergibt“, erhalten. Die Ermittlungen gelten als gründlich, das Tatmotiv sei klar.

Ein Vergleich wird mit dem Urteil gegen Maan D. gezogen. Der ebenfalls syrische Attentäter wurde 2023 in Duisburg verurteilt. Auch dort erkannte das OLG die besondere Schwere der Schuld und ordnete Sicherungsverwahrung an. Eine ähnliche Entscheidung könnte Issa Al Hassan drohen.

Der Strafprozess läuft bis mindestens September. 50 Zeugen sind geladen. Der Rechtsstaat, so betonen die Anwälte, müsse eine klare Antwort auf diese Tat geben. Die Angehörigen hoffen auf Gerechtigkeit – und auf die Möglichkeit, ein Stück Normalität zurückzugewinnen.

Quelle: WAZ, www.milekcorp.com/de/